Nie wieder Power Snooker!

Während an diesem Wochenende beim EPTC 4 in der South West Snooker Academy, Gloucester ernsthaft Snooker um Ranglistenpunkte gespielt wird, fand gestern das erste Power Snooker-Turnier in der Londoner IndigO2 Arena statt. Mit neuen Regeln, die das Spiel schneller und attraktiver machen sollen und jeder Menge Schnickschnack drumherum, soll dieses neue Format neue und jüngere Zuschauer anziehen. Wer hier gestern als Zuschauer seinen Spaß hatte und der Meinung ist, gut unterhalten worden zu sein, dem wird sich wohl die Attraktivität des traditionellen Spiels nie erschließen. Was uns da gestern bei ITV4 und Eurosport geboten wurde, hat rein gar nichts mehr mit dem zu tun, was wir Fans an dem Sport so schätzen.

Die Zeitkomponente (20 Sekunden pro Stoß, 30 Minuten pro Match) macht jedes gut überlegte Spiel zunichte. Sie führt dazu, dass die Spieler um den Tisch hetzen und im Grunde nur versuchen, jeden Ball aus jeder Postition zu lochen. So kommt natürlich der ein oder andere tolle Exhibition-Shot zustande, aber ein packendes Match ist von vorn herein ausgeschlossen. Ein Spiel, dass maximal 30 Minuten dauert, gefällt nur den TV-Sendern, die mit einem solchen Turnier natürlich wunderbar planen können. Eignet sich wunderbar, um Werbung zu schalten.
Das Punktesystem führt dazu, dass ein Match meistens schon einige Minuten vor dem Ende entschieden ist. Dass es wirklich mal knapp und spannend wird, ist viel zu unwahrscheinlich. Ein Century Break verliert jeden Reiz, da es quasi Vorraussetzung ist, um überhaupt gewinnen zu können. Ein attraktives Spiel ist bei Power Snooker ohne Century Break gar nicht denkbar. Jemand, der gestern das erste Mal in seinem Leben Snooker gesehen hat, hat für meine Begriffe ein vollkommen falsches Bild von dem Sport bekommen. Break Building, wie wir es lieben, ist bei Power Snooker undenkbar, Kernkompetenzen eines Snookerspielers (Ausdauer, Konzentration, Präzision) spielen keine Rolle.

Der Versuch, das was die Regeln der neuen Snooker-Variante nicht leisten können, mit unnötigem Schnickschnack auszugleichen ist gescheitert. Die so genannten Power Girls, mit denen im Vorfeld geworben wurde, waren zwar ganz hübsch, hatten aber im Prinzip keine Funktion und waren somit absolut überflüssig. Dass die Spieler mit Mikrofonen ausgestattet waren, hat man jedenfalls als TV-Zuschauer überhaupt nicht mitbekommen. Die Interaktion der Spieler mit dem Publikum beschränkte sich auf wenige Blicke und Gesten und wirkte sehr inszeniert. Das Publikum war sehr laut und hat es den Spielern unmöglich gemacht, sich zu konzentrieren. Und Konzentration hätten die Spieler bei dem ein oder anderen Stoß sicher gut gebrauchen können. Zudem wirken betrunkene Zuschauer, die 'Ding Junhui' zur Melodie von 'Kumbaya, my Lord' singen, einfach nur lächerlich.

Power Snooker zeigt auf sehr traurige Weise, in welcher tiefen Misere sich der Sport befindet. Möchte man mehr Menschen für den Sport begeistern, sind Events wie Power Snooker definitiv der falsche Weg. Solche Turniere unterstreichen nur die Hilflosigkeit und machen es unmöglich, den Sport ernst zu nehmen. Ihre 'Power' sollten die Spieler besser in den Breitensport investieren und Nachwuchs fördern. Dass man hier wirklich versucht, etwas für die Zukunft des Sports zu tun, halte ich für ausgemachten Blödsinn. Power Snooker ist nur Geldmacherei und sonst nichts! Der Weltverband sollte sich darum bemühen, möglichst viele Turniere in der ganzen Welt mit internationaler Beteiligung zu etablieren. Die Fernsehsender sollten sich darum kümmern, ernsthafte und spannende Turniere wie den Euro Players Tour Championship auf den Bildschirm zu bringen und aufzubereiten.

Bitte nie wieder Power Snooker! Sonst verliere ich auch noch irgendwann die Hoffnung, dass es mit dem Sport wieder bergauf geht..

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